Polizeieinsätze in psychischen Ausnahmesituationen – Wie kann man Gewalt verhindern?

Poilzei und ein psychisch erkrankter Mensch

Man hört in der Presse immer wieder prominent: Menschen in psychischer Krise üben Gewalt gegenüber ihren Mitmenschen aus. Diese Presseberichte trüben das Bild von Menschen mit psychischer Erkrankung bei den Lesern und die Sicht auf Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung wird verzerrt. Es sind allerdings nur Einzelfälle von tatkräftigen Übergriffen auf die Mitmenschen durch Menschen in psychischen Krisen. Die meisten Psychiatrie-Erfahrenen sind nicht gewalttätig. Und das Auftreten der vereinzelten Übergriffe könnte meist durch Deeskalation bzw. deeskalierende Interventionen vermieden werden. Eine neutrale Berichterstattung über die Situation zur mentalen Gesundheit gibt es in der Presse kaum.

Dieser Artikel soll sich aber einem anderen Thema widmen, das weit weniger Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erlangt: Die Gewalt gegenüber Menschen in psychischen Ausnahmesituationen. Diese wird nicht allzu selten beim Einsatz der Polizei ausgeübt – wie beispielsweise beim tragischen Vorfall am Mannheimer Marktplatz, der bundesweit für Aufmerksamkeit sorgte.

Polizeilicher Umgang mit psychotischen Menschen und Menschen mit akuter Suizidgefahr

Ursache für die Gewaltvorfälle bei der Polizei in ihrem Einsatz ist unserer Ansicht nach, das fehlende Wissen über eine adäquate Haltung bei sich zuspitzender Dynamiken und Eskalation in Einsätzen. Es ist auch das fehlende Wissen über psychische Erkrankungen bei Polizisten per se. Wenn Polizisten zu Bedrohungen, Machtdemonstration und Abschreckung bis hin zu Gewalt bei ihren Einsätzen neigen, müssten sie eigentlich wissen, das ein solchen Verhalten gerade bei psychotischen Menschen zu Panik, Angst und extremer Gegenwehr führt. Menschen mit akuter psychotischer Symptomatik fühlen sich sehr schnell bedroht und reagieren entsprechend aggressiv mit Gegenwehr. Ein deeskalierender Umgang würde die Situation leicht entschärfen. Die Polizei könnte Gewalt und Gegengewalt in solchen Einsätzen verhindern, wäre sie nur ausreichend bezüglich psychischer Erkrankungen und Deeskalation geschult.

Auch bei akuter Suizidgefahr ist ein sehr vorsichtiger und geschulter Umgang mit der betroffenen Person erforderlich. Auch hier sind Polizisten oft von der Situation überfordert und haben keine Schulung erhalten, wie man sensibel und bedacht mit diesen Menschen umgeht, um sie von ihrem Suizidwunsch abzuhalten.

Schulungen für die Polizei und Krisendienste

Eine Möglichkeit der Entlastung und Unterstützung der Polizei in solchen Einsätzen ist deren Schulung und Sensibilisierung für Themen der mentalen Gesundheit. Polizisten werden immer mit Menschen in akuten Krisen konfrontiert sein, da sie von der Bevölkerung einfach gerufen werden, wenn einer „aus der Reihe tanzt“.  Daher ist der geeignete Umgang der Polizisten, der in solchen Schulungen vermittelt wird, in solchen Ausnahmesituationen unabdingbar. Ein flächendeckender spezialisierter Krisendienst wäre natürlich unter anderem auch für die Polizei wirklich eine ausgesprochen kompetente Unterstützung. Und ist absolut notwendig. Dieser könnte von der Polizei stets bei Vorfällen gerufen werden und würde auch einen besseren Umgang mit Psychiatrieerfahrenen den Polizisten vermitteln. Ein solcher Krisendienst wäre spezialisiert auf Einsätze in Akutsituationen und würde gegebenenfalls auch telefonisch für Menschen in akuter Krise erreichbar sein.

Leider ist dieser einmal mehr vom Sozialministerium ein solcher Krisendienst nicht finanziell im Haushaltsbudget eingeplant. Es ist die Aufgabe des LVPEBWs, hier vehement darauf zu pochen, dass der flächendeckende Aufbau von Krisendiensten endlich umgesetzt wird.

Unser Beitrag zur Aufklärung

Unsere Vorstandin Sybille Michalski hat kürzlich in einem SWR-Podcast sich zum Thema Polizeieinsatz in psychischen Ausnahmesituationen geäußert (Link zum Podcast). Weiterhin haben wir eine AG „Polizei und Psyche“, wo wir gemeinsam erarbeiten möchten, wie wir bei diesem Thema als Landesverband und politische Interessensvertretung vorgehen können. Beteiligen Sie sich gerne in der AG bei Interesse!