Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte war zweifellos ein Meilenstein in der Modernisierung des Gesundheitswesens. Doch während sie viele Vorteile bietet, gibt es auch eine dunkle Seite, insbesondere aus Sicht von Patienten mit psychischen Erkrankungen.
Wartezeiten und vergessene Rezepte
Für Patienten, die nach einem Arztbesuch sofort ihre Medikamente benötigen, kann die elektronische Gesundheitskarte zu unerwünschten Verzögerungen führen. Oft müssen sie eine Stunde oder länger warten, bis ihre Rezepte auf der Karte gespeichert sind. Dies liegt daran, dass Ärzte häufig erst am Abend alle Rezepte gesondert in den Computer eingeben. Diese Verzögerung kann dazu führen, dass Patienten die Besorgung ihrer Medikamente vergessen, insbesondere da Rezepte bereits nach 28 Tagen ablaufen, ohne dass der Patient darauf hingewiesen wird.
Verlust des Überblicks über Medikamente
Ein weiteres Problem ergibt sich aus dem Verlust des Überblicks über verschriebene Medikamente. Früher konnte ein Patient einfach sein Rezept durchsehen, um zu wissen, welche Medikamente er erhalten hat. Mit dem E-Rezept ist diese Möglichkeit nicht mehr gegeben, was vor allem für Patienten mit einer Vielzahl von verschriebenen Medikamenten problematisch sein kann.
Schwierigkeiten bei der Rezeptübermittlung
Darüber hinaus haben Patienten Schwierigkeiten, ein Rezept auf herkömmlichem Weg zu erhalten. Obwohl es möglich ist, ein Rezept auszudrucken, sind viele Ärzte zögerlich, dies zu tun. Dies stellt insbesondere für Patienten, die in abgelegenen Gebieten leben oder auf Online-Apotheken angewiesen sind, eine Hürde dar, da ein Medienbruch notwendig ist, um das Rezept zu erhalten.
Datenschutzbedenken
Neben den praktischen Herausforderungen wirft die elektronische Gesundheitskarte auch ernsthafte Datenschutzfragen auf. Die Speicherung von Gesundheitsdaten auf digitalen Systemen erfordert eine äußerst sorgfältige Handhabung. Patienten haben oft Bedenken, dass ihre sensiblen medizinischen Informationen nicht ausreichend geschützt sind oder dass diese Daten unbefugt weitergegeben werden könnten. Besonders für psychisch kranke Menschen, die möglicherweise ohnehin mit stigmatisierenden Vorurteilen zu kämpfen haben, stellt dies eine zusätzliche Belastung dar. Die Vorstellung, dass ihre Daten potenziell für andere zugänglich sind, ohne dass sie die Kontrolle darüber haben, kann Ängste und Misstrauen schüren.
Fazit: Wenig Nutzen für die Patienten
Insgesamt zeigt sich, dass das E-Rezept für viele Patienten mit psychischen Erkrankungen keine großen Vorteile bietet, sondern im Gegenteil mit einigen Herausforderungen verbunden ist. Die Wartezeiten, der Verlust des Überblicks über verschriebene Medikamente, die Schwierigkeiten bei der Rezeptübermittlung und die ungelösten Datenschutzbedenken sind nur einige der Nachteile, die insbesondere für Patienten mit psychischen Erkrankungen eine zusätzliche Belastung darstellen. Es bleibt zu hoffen, dass zukünftige Entwicklungen im Gesundheitswesen diese Probleme angehen und die Bedürfnisse aller Patienten besser berücksichtigen werden.
René Müller
Vorstand LVPEBW